Schneller, höher, weiter: Achterbahnen kennen keine Limits. Sie
starten immer wieder in neue, atemberaubende Dimensionen
durch. Bestes Beispiel: KRAKE, die als jüngstes Wunderwerk der
Technik im Soltauer Heide-Park Resort jetzt erstmals mit einer
„Tiefsee”-Fahrt für Achterbahnaction sorgt. 50.000 Arbeitsstunden,
12 Millionen Euro und 40.000 Meter Kabel stecken in dem
Spaßmacher. Trotzdem rätselt man verblüfft: Wie kann das klappen,
wie ist dieser Fahrspaß technisch möglich, was hält die Wagen
sicher auf den Schienen? Ein Achterbahnexperte klärt auf.
Ob Holz- oder Stahlachterbahn, ob mit Horizontaldrehung (Spinning Coaster)
oder Senkrechtabfahrt (Dive Coaster) wie bei KRAKE: Achterbahnwagen bleiben
auf Spur, weil Tempo, Flieh- und Schwerkraft sowie Technik perfekt getimt sind.
„Präzision ist alles”, sagt Achterbahnbauer Max Eberhard. „Die winzigste Unregelmäßigkeit,
die kleinste Abweichung in der Schienenführung macht eine Anlage
unbefahrbar.” Millimeterarbeit ist angesagt. Von Anfang bis Ende.
Die Planung: Geheimnisse der G-Kraft
Starker Rechner, langer Atem: Die Planung einer Achterbahn kann Jahre dauern.
Hauptakteure dabei – der Konstrukteur und sein Prozessor. Beide müssen fit in
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Mathematik und Physik sein, denn es gilt das G, die Gravitationskraft, exakt zu
berechnen, die bei der Berg- und Talfahrt frei wird. „Darunter versteht man die
Schwerkraft des Körpers aufgrund von Beschleunigung“, erklärt Experte Eberhard.
Normalerweise beträgt sie infolge der Erdbeschleunigung 1 G, bei einer
Achterbahnfahrt werden bis 6 G erreicht – dann wiegt ein 80 Kilo schwerer Mann
480 Kilo. „Die Belastung auf den Organismus ist enorm, sie darf nur Sekundenbruchteile
anhalten, muss genau austariert sein.” Aus diesem Grund werden beispielsweise
Loopings nie als reiner Kreis konzipiert. Die G-Kräfte wären für die
Passagiere zu groß. Die Lösung: Ellipsen mit flacherer Krümmung bei Ein- und
Ausfahrt, sogenannte Clothoiden-Loopings. In Computersimulationen wird die
komplette Fahrdynamik einer Strecke analysiert. Erst nach erfolgreichem Abschluss
der umfangreichen Sicherheitschecks gibt’s grünes Licht.
Der Aufbau: Kräne, Laser und ein Showdown
2.000 Kubikmeter Beton, 700 Tonnen Stahl: Der Aufbau eines Riesen wie KRAKE
ist ein echter Kraftakt, der fast ein Jahr dauert. „Bei Riesenanlagen arbeiten wir
mit einem Team von bis zu 36 Leuten”, erzählt Max Eberhard. Im Schlepptau:
zwei Kräne, vier Sattelzugmaschinen, je vier Anhänger und Container. „Es ist viel
Werkzeug nötig. Spezialpressen, um die Schienenanschlüsse für die Verschraubung
zu fixieren, Apparate, die unlösbare Muttern aufsprengen, ohne das Gewinde
der Schrauben zu beschädigen – es gibt nichts, was wir nicht haben.” Es wird
geschweißt, Elektrik verlegt, immer wieder mit hochpräzisen Lasern die Schienen
nachgemessen. Dann der Showdown: Endabnahme durch den TÜV. Alles wird auf
Herz und Nieren geprüft, Störungen werden durchgespielt, Gegenmaßnahmen
bewertet. Achterbahnfahren zählt zu den sichersten Freizeitvergnügen. Mindestens
einmal im Jahr kommen die Kontrolleure.
Das Fahrspektakel: Wunderwerke der digitalen Welt
Klassisch, elektrisch oder magnetisch: Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten,
eine Achterbahn anzutreiben. Die älteste und einfachste besteht darin, auf
Schwerkraft zu setzen. „Die Wagen werden per Ketten-, Kabel- oder Trommellift
auf den ersten Hügel, den sogenannten Lifthill, transportiert. Dann geht von ganz
allein die Post ab!”, erläutert Eberhard. Man kann die Gefährte, in der Regel robuste
Metall- oder Kunststoffkonstruktionen, aber auch mit Elektromotoren oder
Katapultstart in Fahrt bringen. Neuester Trend sind Linearmotoren (Lim), die den
Zug mit wandernden Magnetfeldern in knapp 4 Sekunden auf 100 Stundenkilometer
beschleunigen. Herkömmliche Wagen rollen auf Laufrädern plus je zwei
Räderpaaren, die seitlich und gegenläufig an den Schienen oder schräg unterhalb
davon angebracht sind. Gestoppt werden sie mit Klotz- oder Wirbelstrombremsen.
Auch für den Betrieb von Achterbahnen gilt inzwischen: Alles voll automatisch!
Aufwendige digitale Steuer- und Speicherprogramme lenken zuverlässig
den rasanten Schienenverkehr – und zwar nach folgendem Grundprinzip: „Die
Fahrstrecke wird in mehrere Blöcke unterteilt, die erst freigegeben sind, wenn
das vorausfahrende Fahrzeug die Passage verlassen hat”, so Achterbahnbauer
Max Eberhard. Ein harter Job für das zentrale Steuersystem und seine Sinnesorgane
aus Sensoren und Schaltern: Bremsen überwachen, Spezialeffekte auslösen,
die Bewegung der Wagen verfolgen. Selbst die Position der allein durch
Schwerkraft angetriebenen Wagen wird zentimetergenau erfasst. Sicher ist sicher
– und wie alles bei der Achterbahn ein echtes Wunderwerk der Technik …